GESPRÄCH MIT DEM SCHAF GITANO

 

 

 

Die beiden Schafe Gitano und Skippy lagen in einem Stall auf Andreas Hof. Sie hatten wieder einmal den Stall gewechselt, was auf diesem Hof erlaubt und möglich war. Mit dem kleineren, weiblichen Schaf hatte ich schon geredet, diesmal wollte ich gern ein Gespräch mit dem sehr großen, männlichen Schaf Gitano führen.

Gitano hatte das Gesicht zur Wand gedreht, weshalb ich es schwierig fand, mir vorzustellen, dass er an einem Gespräch mit mir interessiert sein könnte. Aber ich versuchte es trotzdem.

 

Hallo Gitano, darf ich dir nun auch ein paar Fragen stellen? begann ich.

 

Ja, fang mal an, antwortete er überraschenderweise.

 

Was ist denn gerade mit Skippy los? Sie atmet so schwer, fragte ich besorgt.

 

Lass sie, erwiderte er knapp.

 

Gitano, wie geht es dir denn hier so auf diesem Hof?

 

Jetzt gerade möchte ich eigentlich meine Ruhe haben, sagte er.

Sonst habe ich ja gern ein bisschen Abwechslung.

 

(Ich dachte, vielleicht sollte ich aufhören, ihm Fragen zu stellen,  entschuldigte mich dafür, dass ich ihn störte, fragte aber weiter.)

 

Wie war das denn für dich, Gitano, als hier das erste Kommunikationsseminar für Menschen und Tiere stattfand? wollte ich wissen.

 

Gitano wurde spürbar interessierter:

Super. Sehr aufregend. Schön aufregend.

Ich bekam etwas zu tun.

Ich wurde gefragt.

Man nahm mich als Person ernst.

Das hatte ich aber noch nie erlebt.

Ja, es gab viele Fragen, viele Antworten.

Ich war selbst überrascht, wie viel ich wusste.

Du kannst mich alles fragen.

Ich kann dir auf alles antworten.

Es ist super, so ernst genommen zu werden.

 

Das ist ja toll, sagte ich.

Andrea sprach davon, dass es eine Situation im März gab, als es noch etwas kalt war und Andrea außen vor dem Zaun stand und Jiffle, das größere Pony, innerhalb des Zauns vor ihr? Magst du mir erzählen, wie du dich da verhalten hast?

 

Gitano berichtete:

Die beiden wirkten so vertraut.

Ich fühlte mich ganz vergessen von Andrea.

Ich war eifersüchtig.

Ich rannte auf Jiffle zu, ging mit dem Kopf auf sie los, stieß sie in die Seite, wollte sie wegstoßen.

Ja, das war wirklich keine Leistung, auf die ich stolz bin.

 

Danke, Gitano, dass du es mir trotzdem erzählt hast.

Noch eine andere Frage:

Magst du diesen Stall?

 

Ja klar, mal diesen, mal jenen.

Du sitzt ja auch nicht immer an der selben Stelle.

 

Das stimmt, lachte ich.

Sag mal, welche Fragen magst du denn eigentlich am liebsten?

 

Neue Fragen. Überraschende Fragen, sagte er.

 

Okay, wie ist das denn für dich, Gitano, wenn Andrea dir einen Strick um den Hals legt, bevor sie dich in den Hänger führen will, in dem du zum Scheren gefahren wirst? fragte ich.

 

Dann will ich um mich treten. Ich stemme mich. Ich lasse mich ziehen.

Ja, Andrea hat dann ziemlich viel Arbeit mit mir, gestand er.

Aber ich will ja nicht weg!

Ich denke dann, sie wird mich doch nicht hier wegbringen wollen?

Und so mit dem Strick um den Hals schüttele ich mich, ich will ihn los werden.

Ja, ich habe viel Temperament!

Na ja, im Hänger selbst werde ich meistens ruhiger.

Ich ergebe mich in mein Schicksal.

 

Andrea hat erzählt, dass sie manchmal auch Seminare für Kinder abhält. Deshalb frage ich dich, Gitano:

Wie findest du die Kinderseminare?

 

Ach du meine Güte, platzte er heraus.

Dann ist es mit meiner Ruhe vorbei.

Sie wollen mich immer zum Aufstehen und Laufen bringen.

Aber ich muss sagen, Kinder stellen die interessantesten Fragen.

Z.B.: Willst du mal auf meiner Schaukel schaukeln?

Oder: Magst du gern Nutella?

Das ist schon interessant.

 

Wie ist denn überhaupt deine Beziehung zu Jiffle, dem Pony? fragte ich.

 

Nun, wir sind beide sehr bestimmend für diesen Hof, begann er.

Wir können beide die Gedanken der anderen Tiere beeinflussen, - na ja, nicht die von dem Hund DaVinci. Gegen seine Gedanken kommt keiner von uns an.

Auch einige Katzen sind völlig immun gegen meine Gedanken.

Aber Jiffle und ich sind beide sehr stark in unserem Denken und deshalb Konkurrenten.

Meistens gehen wir uns deshalb einfach aus dem Weg.

Doch das hat nichts mit Antipathie zu tun.

 

Wer sind denn deine Freunde, Gitano? wollte ich gern wissen.

 

Vor allem Skippy (das weibliche Schaf), außerdem die Ziegen Paula, Felizia und Meggy, die Esel Bella und Holly und Foxy, das kleinere Pony.

Wir gehen gut miteinander um.

Wir haben keinen Streit untereinander.

 

 

Zum Schluss möchte ich dich noch ganz etwas anderes fragen, Gitano.

Was hältst du von der Erde?

 

Sie ernährt uns alle. Sie liebt uns alle, sagte er.

Ich kann sie atmen hören.

 

Ich bedankte mich bei Gitano für das Gespräch und verabschiedete mich.

 

 

                                © Ursula Sewing