ICH SPRECHE MIT DER HÜNDIN BRYDIE

 

 

 

Hallo Brydie, du bist der Hund von Mary, wir kennen uns noch nicht, du bist weit weg von mir.

Und dennoch möchte ich gern mit dir reden und etwas über dich erfahren, wenn du mir etwas über dich erzählen magst.

 

Ja, ich habe nichts dagegen, antwortete sie. Das ist doch mal was Neues.

Also, ich kam sehr früh zu Mary. War noch sehr klein. War verletzt. Hinkte. Fasste gleich Vertrauen zu Mary, so dass sie sich um mich kümmerte und mich behielt. Ich war etwas ängstlich als junger Hund, verkroch mich hinter ihr, wenn Besuch kam, am liebsten zwischen ihr und der Sofalehne. Guckte von dort neugierig aus meinem Versteck.

Als ich größer wurde, war ich aber sehr vernünftig.

Ich hörte meistens gut auf die Anweisungen, wollte Mary gefallen und sie nicht verärgern.

Bin aber immer noch zuerst unruhig, wenn Fremde kommen, belle dann, bis ich beruhigt bin, dass alles in Ordnung ist.

Damit hatte Mary viel Mühe. Doch bin ich meistens aufmerksam und gehorche.

 

Was magst du denn gern, was magst du eher nicht? fragte ich Brydie.

 

Ich mag spazieren gehen, lange Wege, neue Wege.

Gehen oder Laufen. Laufen „bis zum Umfallen“.

Interessiere mich für Vögel, ihren Flug, ihren Gesang.

Bin neugierig, wenn mir Katzen begegnen.

Andere Hunde dagegen sind mir meistens gleichgültig.

Oder ich tue so, als wäre es so.

Ich liebe den Wellensittich von Mary, der auch auf meinen Kopf fliegen darf. Dann halte ich ganz still.

 

Vor allem liebe ich Mary.

Ich liebe auch die inneren Gespräche zwischen mir und Mary.

Habe dafür viel Geduld. Ich bin stolz darauf, dass Mary mich fragt. Und ich antworte gern und ausdauernd.

Die Gespräche mit der Katze Hazel sind weniger intensiv,

doch nehme ich Gefühle und Bilder von Hazel wahr.

Ich habe das Gefühl, dass wir beide zu einer Familie gehören, nämlich zu der von Mary. So, als müsste es so sein.

Ich bin nicht eifersüchtig auf Hazel.

Es ist für mich normal, dass Hazel gerne auf dem Tisch sitzt, wenn Mary schreibt. Ich liege dann in der Nähe auf dem Boden, höre die Geräusche, spitze die Ohren, vernehme teilweise die Gedanken von Mary, wenn sie sich mir zuwendet.

 

Ich mag gern am Wasser sein, mag den Wind, gehe gerne vorne ins Wasser, nicht tief hinein, will nicht, dass ich ein Stöckchen aus tiefem Wasser holen soll, will immer nahe bei Mary bleiben.

Kämmen und Bürsten mag ich von Mary als Erlebnis ihrer Nähe.

Liebe dabei den Duft von Mary.

 

Ich bin sehr besorgt und beschützend bei kleinen Kindern, lasse mir von ihnen auch was gefallen.

Große Kinder sind mir zu laut, ich empfinde sie als unberechenbarer. Ich springe auf und wehre ab, wenn größere Kinder mich streicheln wollen, lasse es mir von kleinen Kindern aber geduldig gefallen.

 

Von Mary habe ich erfahren, dass du schon siebzehn Jahre alt bist.

Das ist ein ganz schönes Alter für einen Hund. Spürst du das sehr?

 

Ich bin sehr langsam geworden. Das Aufstehen dauert länger.

Ich mag nur noch weiche Kost, kein Trockenfutter und keine Knochen.

Es ist schön, auf einer weichen Decke zu liegen.

Es genügt mir jetzt, alles in Ruhe zu beobachten, zu sehen, dass alle da sind, die zu mir gehören, – Menschen und Tiere.

Wenn es mir nicht gut geht, z.B. wenn ich Schmerzen habe, brauche ich freundliche Worte von Mary, dann geht es mir schon wieder gut.

Ja, ich liebe Mary sehr.

Ich habe das Gefühl, ein erfülltes Leben gehabt zu haben.

 

 

Danke, dass du dir Zeit für mich genommen hast.

Ich segne dich, Brydie.

 

 

                                                                      ©  Ursula Sewing