WASSERWELTEN

 

 

 

DER SEE

 

 

Wieder einmal saß ich am Ufer des Sees,

der umgeben war von Wiesen,

schwarzgrünen Büschen

und alten Bäumen auf sandigem Grund.

Die ruhige Oberfläche des spiegelnden Wassers

berührte mich,

so dass ich mich in sein Bewusstsein begab:

 

Da war ich inmitten der grünen Tiefe,

der Stille, dem Dunklen, und empfand:

Ich bin das Empfängliche.

Ich bin das Empfangende.

Ich erwarte.

Ich gebe mich hin.

Ich bin.

 

Ich bin das Schwebende,

schwer am Boden, leicht an der Oberfläche.

Ich fließe frei, gleitend, ohne Form.

Nur die Ufer begrenzen mich, die unregelmäßigen

aus Hölzern, Steinen und Moos.

 

Der Wind bewegt mich und der Regen.

Und manchmal gleiten weiße Schiffe auf mir hin.

Ich lasse mich ziehen, ich lasse mich treiben.

Ich liebe das Moos an meinen Rändern,

es ist weich und nimmt mich gerne auf.

 

Die Tiefe ist süß, das Verborgene.

Da ist das Wissen um die Fülle, die in mir ist,

das Wissen, dass nichts stetig ist,

und dass ich dennoch ewig bin.

 

Sei auch du manchmal Wasser, sagte der See,

sei es auf deine Weise.

 

 

                                                     © Ursula Sewing